Umgeben von den Wäldern des Parks Campo dei Fiori thront die Rocca di Orino über dem Tal Valcuvia am Lago Maggiore. Die alte militärische Festung (Forte) hat eine lange und bewegte Geschichte.
Zahlreiche Legenden umgeben die Festung mit einem suggestiven Charme und laden zu einem Besuch ein.
Auf den Spuren der Kelten
Wie sagt man so schön „Der Weg ist das Ziel“ und das ist in diesem Fall wirklich zutreffend! Langsamen Schrittes folgt man dem Saumpfad der von Orino zur Rocca hoch führt. Es ist ein guter und schattiger Weg der durch den Wald zwischen Farnen und niedrigen mit Moos bedeckten Mauern führt. Das Licht das durch die Baumkronen sickert zeichnet seine „Stickereien“ ins Grün.
Die Luft ist wohltuend frisch und voller Essenzen. Die einzigen Geräusche die unsere Schritte begleiten sind Vogelrufe und ein Rauschen zwischen den Pflanzen. Wir sind an einem sehr alten Ort wo in der Frühzeit bereits Kelten siedelten, die Spuren ihres Übergangs sowohl in der Toponomastik (also der Ortsnamenskunde) wie auch in den lokalen Legenden hinterlassen haben. Wir haben bereits den Wegweiser zur Quelle „gesiola“ hinter uns, deren Name nach dem keltischen Wort «ges» uns sagt, dass sie eine heilige Quelle gewesen ist. Orino selbst verdankt seinen Namen einem anderen keltischen Wort, «orin», was «kleine Quelle» bedeutet.
Der schwarze Stein
An der Abzweigung warnt ein Schild, dass der „Sasso Nero“ (Der schwarze Stein) nicht weit entfernt ist: Es handelt sich um einen riesigen, erratischen Felsen, einen sehr dunklen Stein, mehr als vier Meter hoch und etwa zehn Meter breit. Er galt als magisches Objekt das verehrt und beschützt werden musste.
Es wird erzählt, dass einer der ihn bewachenden Druiden von einem römischen Soldaten getötet wurde und dass sein Körper zusammen mit einem sehr wertvollen Schatz in einer geheimnisvollen unterirdischen Höhle begraben wurde, deren Eingang durch den Felsen selbst verschlossen worden sei.
Es gibt keine Einschnitte auf der Oberfläche, aber man kann an den Spuren der Werkzeuge der Steinbrucharbeiten erkennen, dass ein großes Stück davon entfernt wurde. Weiter in Richtung der Festung folgt man einer alten Römerstraße, jetzt mit einem weichen Teppich aus Erde und braunen Blättern bedeckt. Dann einer Kurve entlang und nach einem kurzen Aufstieg ist das Ziel zu sehen, das durch eine große Steinpyramide gekennzeichnet ist.
Atemberaubendes Panorama
Die Rocca di Orino erhebt sich von einer grasgrünen Hochebene auf einer Höhe von 540 Metern über dem Meeresspiegel und beherrscht das Tal Valcuvia. Sie sieht aus wie eine lange Steinmauer mit hohen Zinnen und Türmen an den Seiten.
In der Mitte gibt es ein Spitzbogenportal mit einer kleinen Tür, die meist nicht verschlossen ist. Die Festung bietet im Inneren einen großen, begrünten Hof, der im Notfall Schutz gewährt und bei Hitze auch Schatten spendet. Es gibt Sitze und Bänke aus Baumstämmen, eine Wasser-Zisterne und den Zugang zu einem der Türme, von dessen Spitze aus ein atemberaubendes Panorama zu bestaunen ist. Die Struktur wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründlich renoviert und hat trotzdem ihren ursprünglichen Charme bewahrt.
Ein Zufluchtsort
Vielleicht wurde es von den Kelten erbaut und von den Römern genutzt. Im dritten Jahrhundert nach Christus war die Rocca di Orino jedenfalls ein Zufluchtsort für die als Ketzer verfolgten Arianer. Aus diesem Grund ist sie auch heute noch als «Rocca di Arian» bekannt. Doch die Arianer blieben nicht lange: schon am Ende des Jahrhunderts, bedingt durch das Vorrücken der Milizen des Bischofs Ambrogio von Mailand (Heiliger Ambrosius – aus Köln stammend!) und verängstigt durch die angebliche Erscheinung des in Flammen eingehüllten San Lorenzo, flohen sie nach Norden.
Die Burg ging in den Besitz einer Adelsfamilie der Langobarden über, die sie umstrukturierte und den Turm bauen ließ. Weitere Arbeiten wurden während der Herrschaft der Mailänder Visconti und der Sforza durchgeführt.
Die Legende
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts überfielen die Schweizer Truppen die Alpen und strömten in die Gebiete die zum Herzogtum Mailand gehörten. Sie besetzten auch die Rocca di Orino die einer Legende nach unter der Kontrolle von Marchione, einem dubiosen Söldnerhauptmann, blieb. Mit ihm war auch Ada, seine schöne junge Braut, und Francesco, ihr Bruder und guter Leutnant. Als der Hauptmann herausfand, dass Ada ihm untreu war, tötete Marchione sie, indem er sie von einem Turm warf. Seinen Schwager sperrte er in eine unterirdische Zelle, weil er versucht hatte, die Missetaten seiner Schwester zu verbergen.
Nach der Schlacht von Melegnano (vor den Toren Mailands), im Jahre 1515, zogen sich die Schweizer aus den besetzten Gebieten zurück. Auch Marchione sollte seine Männer wieder vereinen und in die Heimat zurückkehren, aber er ließ sich Zeit. Mit dem Wunsch, zu ihren Familien zurückzukehren, lehnten sich die Soldaten gegen ihn auf, töteten ihn, sprengten den Felsen und gingen weg. Dabei vergaßen sie Francesco, der in seinem Gefängnis eingesperrt war, und verurteilten ihn dadurch zum Hungertod. Seitdem, wenn der Wind einsetzt und der Sturm zwischen dem Pfeifen und dem Rauschen der aufgewühlten Baumkronen heult, scheint es wie Stöhnen und Wehklagen, als ob der Geist von Francesco schreiend um Befreiung fleht. Es wird erzählt, dass auch das Gespenst von Ada in der Nähe der Burg geblieben sei, bekleidet mit einer langen Tunika, einem Mantel und einer bergenden Kapuze die das Gesicht vor indiskreten Blicken schützt. Manche sagen, sie wandert durch den Wald und hält sich unter einem jahrhundertealten Kastanienbaum auf. Wer weiß, vielleicht wartet sie auf die Ankunft eines Liebhabers, oder vielleicht möchte sie ihre Geschichte erzählen.
Wie man die Rocca di Orino erreicht
Die Rocca di Orino kann man nur zu Fuß erreichen indem man den markierten Wegen folgt. Der einfachste und kürzeste beginnt in Orino, neben der Villa Belvedere. In der Via San Lorenzo, gegenüber der Villa Belvedere gibt es einen Parkplatz, auf dem Sie Ihr Auto kostenlos parken können.