Das Betreten eines Kreuzganges ist immer eine eindrucksvolle Erfahrung und dem Kreuzgang von Voltorre wohnt dieser Zauber inne. Hier spürt man dank seiner Architektur und seiner Geschichte die Atmosphäre eines alten Benediktinerklosters.
Die Steinmauern dieses geistlichen Ortes der Kultur, des Nachdenkens und der Kunst wirken auf den Besucher befreiend und zugleich beruhigend
Voltorre
Voltorre ist ein wunderschöner kleiner Ort, der ungefähr einen Kilometer von Gavirate, und knapp 10 Kilometer von Varese entfernt ist. Er liegt am Fuße des Regionalparks Campo dei Fiori und grenzt an der nördlichen Küstenstraße an den Lago di Varese.
Hier, versteckt zwischen Bauernhäusern und Bäumen, liegt dieses kleine Juwel das unbedingt einen Besuch wert ist.
Die Geschichte
Im Mittelalter war es eine blühende Klosteranlage, die von dem lokalen Bildhauer Lanfranco da Ligurno mit vielen Kunstwerken ausgestattet wurde. Jahre später ging es in die Verwaltung der Benediktiner über. Ende des siebzehnten Jahrhunderts stellte die Regierung den gesamten Komplex zum Verkauf.
Dadurch verlor die Klosteranlage ihre Einheit und verfiel zu einer ländlichen Residenz und diente sogar als Lager für landwirtschaftliche Geräte.
Der Kreuzgang
Der Kreuzgang, wie man ihn heute sieht, stammt aus dem Ende des 11. Jahrhunderts und wurde auf Wunsch der hier ansässigen „Fruttuariensi“ Mönche gebaut. Ihnen wurde die Kirche und der Turm von Voltorre durch ein päpstliches Dekret im Jahre 1154 zugeteilt.
Die „Fruttuariensi“ war ein Mönchsorden der Anfang des 11. Jahrhunderts von Wilhelm von Volpiano gegründet wurde. Der Benediktinermönch war dafür bekannt viele Klöster unter strenger Einhaltung der Regel des Heiligen Benedikt zurückgeführt zu haben.
Die Benediktiner blieben in Voltorre und lebten streng nach ihrem Glauben. Sie bestellten auch das Land und beherbergten Pilger. Im Jahr 1519 wurde auf Veranlassung des Papstes Leo X das Kloster von Voltorre den Laterankanonikern von Santa Maria della Passione von Mailand übereignet. Diese verließen Voltorre daraufhin endgültig im Jahre 1798 aufgrund der napoleonischen Dekrete zur Beschlagnahme der Güter der religiösen Orden.
Das Wiederaufleben des Kreuzganges
Nur ein Jahrhundert später, also im 19. Jahrhundert, wurde der Kreuzgang „wiederentdeckt“. Die Oberaufsicht von Denkmälern und einige Intellektueller jener Zeit (unter ihnen der Bildhauer Lodovico Pogliaghi, der Architekt Luca Beltrami und der Maler Luigi Conconi), beschlossen ihn zu restaurieren und aufzuwerten.
Es wurde ein Komitee für die Restaurierung gegründet, aber ein Brand im Jahre 1913 beschädigte die Struktur stark. Im Laufe der Jahre 1920-30 kaufte der Staat Teile des Kreuzganges den verschiedenen Eigentümern ab und schließlich ging im Jahr 1978 der gesamte Komplex in die Obhut der Provinz über wodurch er wieder für alle Bürger zugänglich wurde.
Eine außergewöhnliche Struktur
Der Kreuzgang besteht aus einem unregelmäßigen viereckigen Bauwerk und umfasst einen Teil der Apsis der Kirche. Die Besonderheit des Kreuzganges ist, dass jede Seite sich von der anderen unterscheidet. Insbesondere die Nordseite weist eine wesentlich wertvollere Konstruktion auf als die anderen Seiten. Die schönsten Kapitelle befinden sich eben an der Nordseite: Man kann geflochtene Bögen, abwechselnd zylindrische und achteckige Säulen und Kapitelle aus Stein von Viggiù bewundern. Diese sind außerordentlich sorgfältig und phantasievoll bearbeitet.
Und genau in dieser Vielfalt liegt die künstlerische Schönheit des Kreuzganges: Die Kapitelle erinnern an die klassischen griechischen, dorischen, ionischen, korinthischen und byzantinischen Stile, die die wichtigsten künstlerischen Elemente des gesamten Komplexes sind. In einem von ihnen ist auch die Unterschrift des wahrscheinlichen Autors des gesamten Komplexes zu finden: Lanfranco aus Ligurno, der sich selbst «Magister» nannte.
Die Kirche Kirche St. Michele
Die Außenansicht
Die Kirche wurde um 1600 mit raffinierten Stuckdekorationen und barocken Tromp-l’Oeil-Fresken verziert und besticht durch ihre Eleganz.
Die Innenansicht
Im Inneren fallen einige bemerkenswerte Medaillons auf: Das eine stellt zwei Figuren mit Ordensgewand und Kopfschmuck dar. Das zweite ist das Bildnis der von den Ordensleuten sehr verehrten Madonna. Sie ist hier zusammen mit dem heiligen Michael (San Michele) abgebildet. Dieser Heilige wurde von den Langobarden zum ersten Verteidiger des Glaubens ernannt und galt deshalb als der verehrte Erzengel. An den Seiten des Altars befinden sich zwei Fresken: Eine ist dem heiligen Abt Antonius gewidmet und die andere dem heiligen Bernhard.
Die Kirche wird nicht für Gottesdienste genutzt und ist nur bei außergewöhnlichen Anlässen geöffnet. Mit etwas Glück begegnet man Signor Maurizio der die Schlüssel der Kirche hat und immer gerne bereit ist Besucher einzulassen.
Sitz für Moderne Kunst
Heute beherbergt das Kloster den Sitz des Museums für Moderne Kunst der Provinz Varese. Im Obergeschoss befinden sich jene Räume die einst den Mönchen und den Konvertiten (Laien, die für die Mönche arbeiteten) als Unterkunft dienten.
Heute hingegen nutzt man diese Räumlichkeiten für die vielen Wechselausstellungen und Tagungen. Der ausgesprochen suggestive Rahmen wertet alle Kunstsammlungen noch mehr auf.